MUTTER IM TALK

Stärken kennen und sich daran orientieren

Drei erwachsene Söhne hat Andrea Ohersthaller; zwei davon haben
sich nach der Matura nicht für ein Studium entschieden – und sind damit glücklich.

ANDREA OHERSTHALLER,Vizebürgermeisterin in Hart bei Graz, hat alle Möglichkeiten der Jobfindung mit ihren drei Söhnen erlebt. „Aber was immer das Wichtigste für mich war: Alle drei haben etwas gefunden, was sie erfüllt.“ Am schwersten hat sich dabei Felix, der Älteste, getan. „Er hat einfach Zeit gebraucht, um sich zu orientieren“, so Ohersthaller. Doch mittlerweile hat auch der 26-Jährige seinen Traumjob gefunden – und zwar über eine Lehre. Dabei sollte es eigentlich ein Medizinstudium sein, doch der schwierige Aufnahmetest macht ihm – wie so vielen anderen – einen Strich durch die Rechnung. Nach abgebrochenem Jus- und Germanistikstudium setzte man sich gemeinsam an einen Tisch und überlegte, wo die Stärken von Felix lägen – und kam bald auf die Landschaftsgärtnerei. Vor einem Jahr hat er diese (verkürzte) Lehre erfolgreich abgeschlossen, arbeitet jetzt in einem Betrieb in Gössendorf, der seine Stärken erkannte und ihn dementsprechend einsetzt.

Auch der Jüngste, Lorenz (22), hat nach der Matura zuerst eine Lehre begonnen; Tischler wollte er werden. Doch der Betrieb und der junge Mann passten einfach nicht zusammen. Nun ist Lorenz in einer Hausverwaltung tätig und absolviert gerade die Ausbildung zum Hausverwalter und Immobilienmakler; eine durchaus vielverspre- chende Karriere winkt in diesem Bereich.

Einzig der Mittlere der drei, Viktor (24), ist nach der Matura den „klassischen“ Weg gegangen. Er studiert an der Universität für Bodenkultur in Wien Landschaftsarchitektur. „Die drei ergänzen sich in ihren Berufen sehr gut und tauschen sich auch häufig aus“, erzählt die stolze Mutter. Wichtig war ihr, dass sie früh genug ihre Stärken kennen. „Das ist am GIBS, wo alle drei maturiert haben, immer im Vordergrund gestanden. Mein Mann und ich hatten eigentlich keine Vorstellung, was die Kinder einmal werden würden – uns war nur wichtig, dass sie ihre Arbeit mögen.“ Ein Rat, den sie auch anderen Müttern geben würde: „Wir hätten die Kinder niemals durch das Gymnasium geschleift, ich habe auch nie mit ihnen gelernt. Es ist wichtig, dass die Erfolge, aber auch die Misserfolge ihre eigenen sind; und ganz schlecht ist für das Selbstbewusstsein der Jugendlichen, wenn die Eltern sie durchboxen – so gelingt kein guter Start ins Berufsleben.“ Am Ende zählt die Persönlichkeit eines Menschen, auch wenn es darum geht, sich beruflich zu etablieren. Sich auszuprobieren, zum Beispiel in Ferialjobs und beim Schnuppern, sei ebenfalls ein essenzieller Baustein auf der Suche nach der richtigen Ausbil- dung. Und: „Wir müssen von dem Prestigedenken weg, dass jeder Jugendliche studieren muss – die Wirtschaft zeigt uns, wie gefragt Fachkräfte sind. Und wer für sich die richtige Wahl getroffen hat, dem winkt mit einer Lehre oft ein glücklicheres und erfüllteres Leben. Mit eigenen Händen produktiv sein zu können und etwas zu schaffen, was man sofort betrachten kann, ist ein in Vergessen- heit geratenes, unschätzbares Gut!“

Es ist wichtig, dass die Erfolge, aber auch die Misserfolge ihre eigenen sind.

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert